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Eine Heranführung an das gemeinsame Spielen

Nachgefragt bei: Lucas Weinspach, Hornist, Lehrer und Dirigent

Lucas Weinspach, Dirigent des Ensembles des Modernen Blasorchesters Oppau (Bildrechte: L. Weinspach)
Lucas Weinspach, Dirigent des Ensembles des Modernen Blasorchesters Oppau (Bildrechte: L. Weinspach)

Interview-Reihe des Modernen Blasorchesters Oppau (MBO)

 

Hallo Lucas! Wie bist Du zum Musizieren und später auch zur Musik als Beruf gekommen?

Angefangen hat alles mit der Blockflöte in der Grundschule. Da ich aus einer sehr ländlichen Region in Oberschwaben komme, die stark durch die Blasmusikszene geprägt ist, lag es für mich nahe, in einen Musikverein zu gehen. Ursprünglich wollte ich gar kein Horn lernen, sondern Trompete. Da es aber im Musikverein schon genug Trompeten gab, ließ mich die Dirigentin des Vereins bei einer Schnupperprobe stattdessen das Horn probieren. Und dabei bin ich dann hängengeblieben. Mit dieser Wahl bin ich aber immer noch sehr zufrieden. Ich bin also ganz klassisch in einem Musikverein sozialisiert worden – mit sehr viel Nachschlägen! Außerdem war ich zusätzlich noch in der Musikschule aktiv, im Jugendblasorchester oder im Kreismusikverbandsorchester. So habe ich sehr viel verschiedene Blasorchesterliteratur kennengelernt. 

Mein erster Musikschullehrer war Tubist und sagte mir irgendwann, ich solle zum Unterricht zu einem Lehrer wechseln, der das Horn grundständig studiert hat. So bin ich dann zu einem Hornisten, Stefan Leja, gekommen, der neben Unterricht und der Leitung der Stadtkapelle viel Ensemblearbeit gemacht hat. So habe ich dann regelmäßig in einem vierstimmigen Horn-Ensemble gespielt, das mit 8-12 Hörnern groß besetzt war. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Nach meinem fachpraktischen Abitur in Musik kam ich über den Wehrdienst, den es damals noch gab, nach Karlsruhe ins Luftwaffenmusikkorps. Da habe ich für mich festgestellt, dass Musik etwas ist, was ich gerne beruflich machen möchte. Da Lehramt gegen Ende meiner Schulzeit auch immer eine Überlegung als Beruf war, bin ich dann beim Schulmusikstudium in Mannheim gelandet, wo ich auch im Nebenfach Englisch studiert habe. 

Im zweiten Studienteil habe ich mich dann für den Schwerpunkt Klassenmusizieren, insbesondere die Leitung von Bläserklassen, entschieden. Dabei hatte ich auch die Möglichkeit, semesterweise beim Unterricht in weiteren Instrumenten bei Mitstudenten hinein zu schnuppern und mich so weiterzubilden. Außerdem fand ich aufgrund meiner eigenen Biografie die Überlegung interessant, wie schulischer Musikunterricht so gestaltet werden kann, dass die Schüler über das Besprechen von Werken und Komponisten hinaus auch etwas für ihr Leben mitnehmen, und dass sie ihre musikalischen Fähigkeiten weiterentwickeln können. Und da finde ich Bläserklassen einfach sehr gut und spannend. 

 

Was ist der Vorteil von Bläserklassen?

Sehr viele Kollegen berichten, dass das soziale Gefüge in einer Bläserklasse ganz anderes ist als in einer Regelklasse. Sowohl beim Zusammenhalt als auch beim Aufeinander-Hören oder den Anderen Raum geben, wenn sie sich äußern wollen. Denn man sitzt im Musikunterricht immer in einer Art Orchesterprobe zusammen, wo das Miteinander, das gemeinsame Erarbeiten, das sich aufeinander Einlassen eine sehr große Rolle spielt. Das wirkt sich sehr positiv auf die Klassen aus, auch außerhalb des Musikunterrichts.

Durch die praktischen Berührungspunkte finden die Schüler zu den Inhalten des Musikunterrichts einen ganz anderen Zugang. Viele Schüler, die vorher wenig Berührung mit Musik hatten, entwickeln daraus die Motivation, nach dem schulischen Musikunterricht im Privaten weiter Musik zu machen. Sie nehmen dann auch nach Ende der Bläserklasse weiter Unterricht und entdecken Musik als ihr Hobby. Sie machen einfach weiter. 

Zudem wird in einer Bläserklasse das gemeinsame Spielen von Anfang an integriert. Dadurch fehlt die Hemmschwelle, Musikmachen als Luxusgut zu betrachten. 

 

Was machst Du heute (außer dem Ensemble) sonst alles beruflich?

Ich unterrichte Musik und Englisch an der Anna-Freud-Schule in Ludwigshafen, das ist eine Berufsbildende Schule mit dem Schwerpunkt Soziales, Gesundheit und Hauswirtschaft. Da gebe ich viel Musikunterricht bei den angehenden Sozialassistenten, Heilerziehungspflegern und Erziehern. In diesen Ausbildungsgängen ist Musik ein sehr wichtiger Aspekt, das finde ich sehr spannend. Der Unterricht dort weicht zwar stark vom Studium ab, macht mir aber sehr viel Spaß, weil die Wertschätzung gegenüber den Inhalten noch einmal eine ganz andere ist als an einer allgemeinbildenden Schule. Ich kann hier Inhalte vermitteln, die den Auszubildenden später direkt in ihrem Beruf etwas bringen. Die Notwendigkeit des Musikunterrichts ist dabei vor allem den Auszubildenden in der dualen Ausbildung sehr klar, denn sie können die Inhalte direkt in der Praxis umsetzen. 

Ansonsten spiele ich selbst noch Horn, soweit ich dazu komme. So bin ich freiberuflich als Hornist in diversen Formationen aktiv, zum Beispiel einem Blechbläserquintett oder auch in einem Projektorchester. 

Das Ensemble des MBO bei der Probe (Bildrechte: MBO)
Das Ensemble des MBO bei der Probe (Bildrechte: MBO)

Du leitest das Ensemble des MBO seit seiner Gründung.  Für welche Musiker ist dieses Ensemble gedacht?

Für Leute, die bereits ein Instrument spielen und motiviert sind, dies in der Gruppe zu tun. Ein Instrument im Ensemble komplett neu zu lernen geht nicht. Aber Anfänger, die noch nicht so lange ihr Instrument spielen, sind sehr gerne gesehen. Wir haben zwar auch ein paar fortgeschrittene Musiker dabei, die auch im „großen“ Orchester mitspielen, aber von denen spielen die meisten im Ensemble andere Instrumente, die sie zusätzlich zu ihrem eigentlichen Hauptinstrument entdeckt haben. In den letzten Jahren sind auch viele Wiedereinsteiger oder Spätberufene dazugekommen. Von der Altersstruktur her sind wir sehr vielfältig: Im Moment haben wir Spieler von etwa 14 bis 60 Jahren bei uns. Und diese Mischung funktioniert sehr gut.

 

Was würdest Du jemandem sagen, der überlegt, im Ensemble mitzuspielen, aber sich noch nicht so recht traut? Warum lohnt es sich?

Weil es eine sehr behütete Art ist, an das gemeinsame Spielen herangeführt zu werden. Da wir eine kleine Gruppe sind, haben wir die Möglichkeit, individuell ein bisschen mehr zu fördern. Außerdem ist der Zusammenhalt des Ensembles sehr gut. Das Spiel im Ensemble unterstützt dabei, Freude an der Musik zu haben. Durch das gegenseitige Helfen funktioniert es hervorragend, ins Ensemble reinzuwachsen. 

Von der Literatur her unterscheiden wir uns etwas vom MBO. Unser Fokus liegt mehr bei Filmmusik oder Bearbeitungen als bei Originalliteratur sinfonischer Blasmusik. 

Vorspielen muss übrigens niemand. Wer kommen möchte, darf kommen. Ich empfehle immer, direkt mitzuspielen, auch wenn nicht immer gleich alles klappt. Denn es ist ein ganz anderes Gefühl, im Ensemble mitten drin zu sitzen, als sich das Ganze nur von außen anzuschauen. 

Gerade, wenn man noch kein Spiel in der Gruppe gewohnt ist, rate ich auch immer dazu, sich Zeit zu nehmen und mehrmals zu kommen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ich mit den Leuten und mit der Literatur klarkomme und ob ich von meinen Fähigkeiten, die ich bereits auf meinem Instrument habe, gut mitkomme. Ich versuche immer, die Literatur so an die Spieler anzupassen, dass sie problemlos von allen gespielt werden kann, aber auch so, dass sich niemand unterfordert fühlt. 

Einer unserer Musiker kam übrigens direkt aus der Grundschulbläserklasse zu uns und ist über die Jahre im Ensemble sehr gut geworden. Er spielt jetzt schon im großen Orchester mit. Das verdeutlicht ganz gut, dass man mit wenig anfangen kann, und dann durchs Weitermachen einiges an Erfahrung dazugewinnt. Es freut mich immer wieder, dass es mehrere Musiker gibt, die seit Jahren zusätzlich zum großen Orchester am selben Abend noch in die Ensemble-Probe kommen. 

 

Was sind die typischen Herausforderungen, wenn ich zum ersten Mal in einem Ensemble oder Orchester mitspiele

Wenn man in der Gruppe spielt, ist es plötzlich wichtig, dass alle im gleichen Tempo spielen und richtig zählen. Man muss sich auch daran gewöhnen, dass außer der eigenen Stimme um einen herum noch sehr viel anderes passiert. Man entwickelt mit der Zeit auch ein Gespür dafür, wie man in das jeweilige Stück im Gesamtzusammenklang hineinpasst. Außerdem sind die Dirigierbewegungen, also die Kommunikation zwischen Dirigent und Orchester, einigen anfangs noch fremd. Aber meiner Erfahrung nach funktioniert das eigentlich immer ganz problemlos.

 

Das MBO 2019 bei einem Auftritt in St. Albert, Pfingstweide (Bildrechte: MBO)
Das MBO 2019 bei einem Auftritt in St. Albert, Pfingstweide (Bildrechte: MBO)

Wie oft und welche Art Auftritte habt ihr im Jahr (wenn nicht gerade Corona ist)?

Das schwankt immer etwas. In der Regel haben wir mehrere Auftritte im Jahr, die von der Anzahl her problemlos zu bewältigen sind. Wir haben zum Beispiel schon beim Freiwilligentag der LuKom, bei einem Pfarrfest, bei der Bürgerinitiative „BIL“ in einer Grundschule oder beim Weihnachtsmarkt der Heartliner gespielt. Eventuell wollen wir in Zukunft auch in Gottesdiensten mitspielen. Manchmal gibt es auch gemeinsame Auftritte mit dem großen Orchester. 

 

Was ist Dir als Dirigent wichtig?

Ein gutes Miteinander, denn wir sind alle für das große Ganze mitverantwortlich. Und ich versuche immer, die Wünsche der Musiker bei der Auswahl der Stücke einzubeziehen, weil ich denke, dass das motivierend ist. Außerdem freut mich natürlich ein regelmäßiger Probenbesuch immer sehr, weil es einfach mehr Spaß macht zusammenzuarbeiten, wenn alle da sind. 

 

Wann probt ihr?

Wenn wir nicht gerade durch Corona ausgebremst sind, proben wir immer montags von 17.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Eine Stunde ist eine gute Probenlänge für den Einstieg, da das problemlos von der Konzentration und von der Ausdauer auf dem Instrument zu bewältigen ist.

 

Lucas, vielen Dank für das Gespräch! 

 

Interessierte können sich direkt an die Vereinsvorsitzende Maren Berger wenden:

Tel.: 0173 - 68 77 216

Mail: vorsitzende@kurpfalz-oppau.de